Author Topic: Das Bedingungslose Grundeinkommen als Wählerlockmittel  (Read 456 times)

schefetasch

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Soderla, da isser wieder, der Schefetasch. Ich verspreche hoch und heilig, keine helly Diskussionen zu führen. Weiter im Thema:

Ich halte nichts vom bedingungslosen Grundeinkommen ("BGE"). In der von den Piraten intendierten Form wird es die Freiheit der Bürger nicht erhöhen, im Gegenteil. Freiheit kommt von Unabhängigkeit. Was ist daran "unabhängig", wenn ich vom Staat alimentiert werde? Und wenn diese Alimentierung vom Wohlwollen der Politik abhängt? Nichts, würde ich sagen.

Freiheit sehe ich eher in der Welt da draußen, die es mir mit möglichst wenig Schranken ermöglichen soll, für mich selbst und die meinigen zu sorgen, ohne dass mich dabei einer (durch seine besondere ökonomische Stärke, etc.) erpressen kann. Freiheitserhöhend wirkt demnach in erster Linie eine Reduktion der Lohnnebenkosten, die in Folge zu einer Reduktion der Preise für die Arbeitskraft führt und das wiederum zu einer Erhöhung der Nachfrage nach Arbeitskraft.

So, das wars erst mal. Vielleicht hat ja jemand Lust und Laune, das hier zu besprechen.

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hellboy

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Das eine hat mit dem anderen nix zu tun. Das BGE ist kein gemütliches Polster, auf dem man sich ausruhen kann, es ist lediglich existenzsichernd. Das Missverständnis entstammt dem dümmlichen Gelaber von c3o, daß die Menschen damit frei und glücklich sein sollen, und Schmetterlinge Weltfrieden regenbogenflausch. Das ist totaler bullshiet, und hat dem BGE und seiner Akzeptanz extrem geschadet.

Wer normal ist, und deshalb nicht nur existieren, sondern menschenwürdig, komfortabel oder sogar in Luxus leben will, muss weiterhin den Arsch hochkriegen, und was hackeln.

ahoy
hellboy
« Last Edit: 2013, 09, 13; 20:13:30 by hellboy »
Darwin was wrong.                   i'd rather be morally right
Man is still an ape.                   than politically correct!

Denderan Marajain

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Sind diese 800 Euro wirklich existenzsichernd? Das geht sich meiner Meinung nach eher schwer aus (und nein das aktuelle System ist nicht besser)

lolw00t

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Sind diese 800 Euro wirklich existenzsichernd? Das geht sich meiner Meinung nach eher schwer aus (und nein das aktuelle System ist nicht besser)
Wenn man das im Cas¡no ( <- anscheinend hier böses Wort) verspielt könnte sich das ausgehen dass man nicht verhungert bis zum nächsten Monat. Eine wöchentliche Auszahlung würde glaub nur mehr Verwaltungsaufwand bringen. Wer Kokain braucht muss halt auf Crack umsteigen.
« Last Edit: 2013, 09, 13; 11:13:36 by lolw00t »

pet

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Ihr geht von den extrem schlimmen Entartungen aus, aber
in den meisten Fällen könnte es funktionieren:
- alleinerziehende Mütter
- Freiberufler, die was lernen wollen
- extreme Spezialisten, die für ihre Spezialitäten gut, aber nicht oft bezahlt werden
- Freiberufler, die höhere Qualitätsstandards haben als ihre Kunden
- Dodln, die zu nichts brauchen sind in einer superspezialisierten Welt

Beachtet, dass es über eine komplizierte Welt immer mehr und immer
länger zu lernen gibt. Es wird immer riskanter, sich zu spezialisieren, aber
immer notwendiger. Und wer soll all diese Leute ausreichend bilden? Hier
bahnt sich eine Katastrophe an, aber BGE könnte helfen.

Hier kommt - wie bei den Piraten - Mobilisierung ins Spiel. Man könnte sagen:
jeder mobilisierbare Mensch, sei es für Forschung, Recherchen, Politik,
Arbeit, die keiner machen will, das eigene Fortkommen, was auch immer,
kann was beitragen für seine Lebensdividende. Es hängt sich letztlich an
der Frage auf: wieviele Menschen sind mobilisierbar? Nach den Erfahrungen
des letzten Jahres sieht die Antwort leider düster aus. Die PPÖ könnte was
beitragen zur Debatte, indem sie zeigt: die Menschen SIND mobilisierbar,
wenigstens Piraten. Kann sie aber, sind sie aber nicht. 

Andere Probleme gibt es:
- Arbeit, die keiner machen will, machen bei uns Tschuschen, und die kriegen kein BGE
  So wird Arbeit, die keiner machen will, trotz BGE nicht teurer, d.h. lukrativer
- Man muss verhindern, dass die Leute ihr BGE im Ausland ausgeben. Auf der
  anderen Seite: wenn man das piratische Werk global sieht, dann wäre genau
  das eine besondere Form der Entwicklungshilfe.

Im Auge behalten muss man, dass weitere Produktivitätsgewinne dort
aufhören, wo Menschen andere Menschen bekämpfen. Automatisierung
des Polizeigewerbes ist sicher möglich, aber ein eher bedenklicher
Produktivitätszuwachs. Anwälte gegen Anwälte halte ich für ebenfalls
unautomatisierbar, weil Computer nicht so gemein sein können. Auch
Propaganda im weitesten Sinne wird in Zukunft eher mehr als weniger
Leute beschäftigen. Kurz gesagt: bald wird die ganze Menschheit damit
beschäftigt sein, einander auszutricksen oder zu manipulieren, während
Roboter putzen, pflanzen, fahren, zusammenbauen und verkaufen.

Hier passt das BGE gut rein: die Leute kriegen Geld dafür geschenkt,
dass sie je nach Lust und Laune etwas tun, das keinerlei Sinn hat
und was man sich volkswirtschaftlich gesehen sparen sollte, was aber
wurscht ist, weil der Rest eh automatisch geht.

schefetasch

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Sind diese 800 Euro wirklich existenzsichernd? Das geht sich meiner Meinung nach eher schwer aus (und nein das aktuelle System ist nicht besser)

Der Preis für ein möbliertes Einbett-Zimmer im Kardinal Innitzer Wohnheim beträgt derzeit 300€ pro Monat (http://www.heimwohnen.at/preise/preise.htm). Ein Einzelzimmer am Land wird kaum mehr kosten. Und ja, keine eigene Küche, Klo und Dusche am Gang. Aber es verbleiben über 500€ zum Leben. Das sind 16,5€ am Tag. Kein Luxus, zweifellos. Aber mir kann keiner erzählen, dass das nicht "existenzsichernd" wäre.

Bei Familien sieht das wieder anders aus. Zwei Erwachsene (2x800) und zwei Kinder (2x267) haben ohne weitere Einkommensquellen mit dem BGE mehr als 2130€ pro Monat zur Verfügung. Sicher kann das Daddy auch versaufen. Kein Thema. Und was natürlich nicht geht ist, dass man eine 3-Zimmer Wohnung und ein Auto mit einem Grundeinkommen erhält. Aber welche Einverdiener-Familie hat heute 2130€ in Cash zur Verfügung??

Denderan Marajain

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Der Preis für ein möbliertes Einbett-Zimmer im Kardinal Innitzer Wohnheim beträgt derzeit 300€ pro Monat (http://www.heimwohnen.at/preise/preise.htm). Ein Einzelzimmer am Land wird kaum mehr kosten. Und ja, keine eigene Küche, Klo und Dusche am Gang. Aber es verbleiben über 500€ zum Leben. Das sind 16,5€ am Tag. Kein Luxus, zweifellos. Aber mir kann keiner erzählen, dass das nicht "existenzsichernd" wäre.

Da wirst aber nicht genug Plätze finden. Ich wage mal zu behaupten, dass EUR 300 eher die Ausnahme sind. EUR 500 trifft es da wohl eher.
Das erinnert mich an die 20m² Wohnung Reumannplatz mit EUR 420 kalt

Wenn du dann noch Strom, Wasser (Gas) dazurechnest bleiben dir von 800 vielleicht 200-300 über. Das Essen wäre damit gedeckt aber auch Gewand und Toilettenartikel gehören zum Grundbedarf. Das wird wohl eng


Quote
Bei Familien sieht das wieder anders aus. Zwei Erwachsene (2x800) und zwei Kinder (2x267) haben ohne weitere Einkommensquellen mit dem BGE mehr als 2130€ pro Monat zur Verfügung. Sicher kann das Daddy auch versaufen. Kein Thema. Und was natürlich nicht geht ist, dass man eine 3-Zimmer Wohnung und ein Auto mit einem Grundeinkommen erhält. Aber welche Einverdiener-Familie hat heute 2130€ in Cash zur Verfügung??

aber 4 Leute brauchen auch Platz. DA wirst mit 300-400 Euro Miete nicht mehr auskommen. Auch das Essen wird teurer und die Kinder brauchen auch Geld.

schefetasch

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Da wirst aber nicht genug Plätze finden. Ich wage mal zu behaupten, dass EUR 300 eher die Ausnahme sind. EUR 500 trifft es da wohl eher.

Das ist dann eher ein Angebots-Nachfrage Ding, oder? So wie halt in DE auch die Harz-IV Empfänger mit den Studierenden um die Zimmer raufen und der Wohnzuschuß zu Harz IV de facto den Zimmerpreis festlegt.


Das erinnert mich an die 20m² Wohnung Reumannplatz mit EUR 420 kalt

Ein möbliertes Zimmer ohne Küche, Klo, Bad, ist keine Wohnung. Es ist ein Zimmer. Wenn mehr Bedarf nach sowas entsteht, wird sich auch ein Angebot dazu entwickeln. Aber dazu wird es nicht kommen. Es wird eher das Gegenteil der Fall sein. Denn die 800 zu einem Mini-40h-Gehalt von 1000€ dazu gerechnet ergibt dann ein disponibles Einkommen von etwa 1.800€. Für eine einzige Person. Da ist noch kein Kind dabei, das ja wieder extra 267€ mit einbringen würde (wenn man den Drittelsatz beibehält). Vom nach wie vor verpflichtenden Unterhalt jetzt mal abgesehen.


Wenn du dann noch Strom, Wasser (Gas) dazurechnest bleiben dir von 800 vielleicht 200-300 über. Das Essen wäre damit gedeckt aber auch Gewand und Toilettenartikel gehören zum Grundbedarf. Das wird wohl eng

Bei einer Wohnung - ja. Aber ist eine eigene Wohnung etwas, was zwingend zur Existenzsicherung nötig ist? Ich finde nicht. Studenten sehen ihre WG Zimmer offenbar auch als existenzsichernd an und Pensionisten wird bereits heute "betreutes Wohnen", also praktisch eine Pensionisten-WG, zugemutet - ja sogar als positiv verkauft. Im Subsistenzbereich wird man sich den Luxus des Nicht-Teilen-Müssens von gewissen Ressourcen nicht leisten können. Das hat mit "Existenzsicherung" nichts zu tun.


aber 4 Leute brauchen auch Platz. DA wirst mit 300-400 Euro Miete nicht mehr auskommen. Auch das Essen wird teurer und die Kinder brauchen auch Geld.

Stimmt. Aber bei vier Leuten ist ja auch die Gesamtsumme höher - die habe ich auch genannt: 2.130€. Selbst wenn davon ca. 800€ fürs Wohnen draufgehen, bleiben noch 1.330€ übrig, ohne dass einer in der Familie auch nur einen Finger rühren muss.

attx

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Ich halte nichts vom bedingungslosen Grundeinkommen ("BGE"). In der von den Piraten intendierten Form wird es die Freiheit der Bürger nicht erhöhen, im Gegenteil. Freiheit kommt von Unabhängigkeit. Was ist daran "unabhängig", wenn ich vom Staat alimentiert werde? Und wenn diese Alimentierung vom Wohlwollen der Politik abhängt? Nichts, würde ich sagen.

Freiheit sehe ich eher in der Welt da draußen, die es mir mit möglichst wenig Schranken ermöglichen soll, für mich selbst und die meinigen zu sorgen, ohne dass mich dabei einer (durch seine besondere ökonomische Stärke, etc.) erpressen kann. Freiheitserhöhend wirkt demnach in erster Linie eine Reduktion der Lohnnebenkosten, die in Folge zu einer Reduktion der Preise für die Arbeitskraft führt und das wiederum zu einer Erhöhung der Nachfrage nach Arbeitskraft.

Da unterschreibe ich jedes Wort.

Ich halte die grundsätzliche BGE-Idee für einen höchst spannenden Ansatz. Allerdings eher sowie es hellboy betrachtet, nämlich existenz-sichernd und nicht nach dem Motto „Freibier für alle“.

Die Vorstellung der PPÖ ist auch keine sozialromantische Träumerei mehr, sondern pure Kleptokratie und Juche-Sozialismus.
Dazu ein paar gedankliche Anregungen aus der Verfassung von Nordkorea:

Artikel 3
Die Koreanische Demokratische Volksrepublik läßt sich in ihrer Tätigkeit von der Juche-Ideologie, einer Weltanschauung, in deren Mittelpunkt der Mensch steht, einer revolutionären Ideologie für die Realisierung der Souveränität der Volksmassen, leiten.

Artikel 21
Das Staatseigentum ist Eigentum des ganzen Volkes. Der Staat hat das uneingeschränkte Verfügungsrecht über alle Objekte des Staatseigentums. Alle Naturschätze des Landes, wichtige Fabriken und andere bedeutende Betriebe, Häfen, Banken, Verkehrs-, Transport- und Kommunikationsmittel sind ausschließlich Eigentum des Staates. Der Staat schützt und vergrößert vor allem das Staatseigentum, das bei der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes die führende Rolle spielt.

Artikel 25
Die Koreanische Demokratische Volksrepublik betrachtet die ständige Verbesserung der materiellen und kulturellen Lebenslage des Volkes als oberstes Prinzip ihrer Tätigkeit. Der Staat sichert Allen Ernährung, Bekleidung und Wohnraum wie auch sämtliche anderen Lebensbedingungen.


Bist mir böse, wenn ich unterstelle, dass sich der „Geist“ der (derzeitigen) PPÖ dort oben wiederspiegelt?