Wie sieht denn ein Kontrollmechanismus aus, der nicht für Lähmung sorgt? Das interessiert mich echt.
Ich verstehe immer noch nicht, was du mit „Lähmung“ meinst. Glaubst du, dass niemand mehr an Ausschreibungen teilnimmt, wenn nicht mehr geschummelt und geschmiert werden kann?
Egal- ich versuch einen wirksamen Kontrollmechanismus zu erklären: (Ich werd’s unjuristisch, aber dafür hoffentlich verständlich formulieren.)
Als Aufhänger: Die Kontrolle muss privatisiert werden!
Pass auf:
Beinahe jede Ausschreibungsunterlage (auch schon im Unterschwellenbereich) besteht aus Hunderten Seiten von Bedingnissen und Klauseln, die der Bieter ausfüllen muss.
Aus dem (staatlichen) Formularwesen ist bekannt, dass man Formulare so gestalten kann, dass der Ausfüller oft nicht recht weiß, was gemeint ist oder was das Formular von ihm wissen will.
Der öffentliche Auftraggeber produziert daher eine Angebotsvorlage mit einigen solchen „Unklarheiten oder Unschärfen“. (Es gibt eigene Seminare, bei denen man das lernt—kein Scherz.)
Dann bastelt der (öffentliche) Auftraggeber noch folgenden kleinen Satz in Kleingedruckte: „
Angebote mit unklaren Angaben des Bieters können ausgeschieden werden.“ (Standard in jeder Ausschreibung.)
So: Jetzt legen 3 Bieter ein Angebot. Nennen wir sie A, B und C.
Sowohl A, wie auch B, als auch C haben unklare Angaben formuliert. (Geht nicht anders wegen des Formulars.)
A und B sind Bestbieter. C ist der teuerste. Der Auftraggeber will aber dem C den Zuschlag erteilen, weil sie gepackelt haben.
Was macht der Auftraggeber?
Er scheidet die Angebote von A und B aus. C bekommt den Zuschlag.
A und B wollen diese Entscheidung bekämpfen und anfechten und zwar mit dem Argument, dass auch der C unklare Angaben im Angebot haben muss.
Die Vergabekontrollbehörde (UVS oder BVA) weist die Rechtsmittel von A und B zurück. Mit der Begründung: A und B sind berechtigt ausgeschieden worden. Damit haben sie keine weitere Parteistellung im Verfahren und können daher keine Überprüfung des C-Angebotes verlangen.
Damit endet der Rechtsweg und der Rechtsschutz für A und B. Eine weitere Prüfung, warum C nicht ebenfalls ausgeschieden wurde, findet nie und durch niemanden mehr statt.
Dieses Vorgehen ist ständige Judikatur und mittlerweile von allen Höchstgerichten (einschließlich EuGH) abgesegnet.
Soweit zur Problemstellung.
Mein Lösungsansatz sollte jetzt schon klar sein, nicht?
Relativ easy: Kontrollmöglichkeit des ausgeschiedenen Bieters im Nachprüfungsverfahren und ein subjektives Recht auf korrekte Abwicklung des gesamten Vergabeprozesses.
Klingt eigentlich so, als ob es das eh schon geben müsste. Ist aber nicht so. Und wird von der Politik heftig gemieden. Komisch, nicht?
Mit dieser simplen Nachprüfungsmöglichkeit hätte man die Kontrolle privatisiert (was ja auch im Wettbewerbsrecht funktioniert). Nach Schätzungen von transparency brächte es Milliarden.